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Raed Fares wurde am 23.11.2018 gegen 11 Uhr von bislang Unbekannten in Kafranbel ermordet.

Die syrische Revolution

erklärt von Raed Fares anhand der von Esther Saoub vorgelegten Fragen, aufgezeichnet am 06.01.2016 von Mahmoud al-Tamr in Kafranbel, Syrien, aus dem Arabischen ins Englische übersetzt von Abd Almoeen Dandoush und aus dem Englischen übertragen ins Deutsche von Werner Kruck.

Springen Sie zu den besonders interessanten Passagen:

Wie hoffen Sie wird die syrische Gesellschaft in Zukunft aussehen?

Herr Raed, warum haben Sie die unbewaffnete, friedliche revolutionäre Bewegung bis heute fortgesetzt und sind nicht zur bewaffneten Konfrontation über gegangen wie andere Personen und Kräfte?

Wie gehen Sie mit der Armee der Eroberung (Jaysh al-Fatah) oder der Unterstützungsfront für das syrische Volk (al-Nusra Front/Jabhet al-Nusra) um?

Welche Botschaft haben Sie für die westlichen Länder (den Westen)?

Welche Meinung haben Sie über die Gespräche von Genf?

Was haben Sie für Pläne für die Zeit nach dem Krieg?

Führt ein Überschwemmen der Revolution mit Geld zu deren Scheitern?


Welche Bedeutung hat die Bezeichnung "URB"?

Nun, "URB" ist eine Abkürzung und steht für “Union of Revolutionary Bureaus” (Vereinigung der Revolutionären Büros).

Welche Position haben Sie im URB und wer hat es aufgebaut?

Ich bin der Präsident der Organisation und habe sie aufgebaut.

Wie ist die URB entstanden?

Ganz am Anfang, während der ersten paar Tage der Revolution und der ersten Demonstrationen in der Stadt Kafranbel haben ein paar Freiwillige die Ereignisse gefilmt und über die Forderungen der Leute berichtet, indem Videos ins Internet gestellt wurden. Mit Hilfe einer anderen Person habe ich das selber erledigt, nur mit ganz einfachen Mitteln ausgestattet wie Mobiltelefonen und langsamen Internet. Wir waren die Basis des Nachrichten (Informations-) Büros, das später daraus erwuchs.

Als Assads Streitkräfte in den Ort eindrangen, flohen etwa 50 bis 60 aktive Oppositionelle in die nahegelegenen Orte wie die Dörfer Jabalah, Maert Hirma, Maert Zaeta und andere Regionen in der Umgebung und in Folge dessen wurden sie obdachlos und verloren ihre Arbeit, gerieten also in Not. Dieser Umstand veranlasste einige Auswanderer unseres Ortes in Saudi Arabien für die Unterstützung der Obdachlosen kleine Geldbeträge zu sammeln und dieser Schritt führte zur Gründung des zweiten Büros, dem Büro für die Finanzen bzw. des Geldes. Es wurde anfänglich von nur drei Personen geführt die Spenden im Land und außerhalb sammelten und unter die Notleidenden wie folgt verteilten: verheirateten Personen standen 5000 SP zu, Alleinstehenden 3000 SP. Dieser Vorgang führte zur Gründung des Büros für Finanzen.

Binnen kurzer Zeit wuchs die Zahl der Notleidenden und mehr Leute verloren durch die Übergriffe der Armee ihre Arbeit, doch gleichzeitig stieg auch die Summe der gesammelten Geldspenden und erhielten wir ebenso Nahrungsmittelspenden. Dies führte zur Bildung des dritten Büros, dem "Büro für Hilfeleistungen". Zu diesem Zeitpunkt hatten wir also drei Büros. Im July und August 2012 war es noch Aufgabe des Informationsbüros die gewaltsamen Übergriffe der Armee zu registrieren, wie auch die Namen der Verwundeten, Getöteten und Verhafteten. Doch durch die steigende Zahl der Übergriffe seitens der Armee ergab sich die Notwendigkeit eines eigenen Büros, spezialisiert auf die Registrierung dieser Ereignisse; so entstand das vierte Büro, das "Büro für statistische Erhebungen".

Nach einer kurzen Zeit, zu Beginn im August des gleichen Jahres, wurde die Stadt durch Kämpfe von der Armee des Regimes befreit und wir als revoltierende Opposition dachten, wir wären in der Lage die Verwaltung der Stadt zu übernehmen, also regierende Kraft zu werden. Wir haben es mehrfach versucht, vom 10.08.2012 an über einen Monat hinweg, aber sind vollkommen gescheitert mit unseren Versuchen die politische oder administrative Macht zu übernehmen. Also haben wir diese Versuche aufgegeben und die Aufgaben einem örtlichen Verwaltungsrat überlassen, eine völlig neue und noch nie zuvor da gewesene Idee, durch die jetzt die Führung der Stadtverwaltung aus Akademikern und anderen gut ausgebildeten Leuten besteht.

Wir, die vier unter einer Führung vereinigten Büros, legten das Fundament für eine zivil-gesellschaftliche Organisation, die der Absicherung der Grundbedürfnisse einer Gesellschaft dient.

Bedenkt man die 50 Jahre falscher Erziehung, die 50 jährige Kultivierung falscher Lehren, dann ergeben sich daraus fehl geleitete Auffassungen in der Bevölkerung, eine Indoktrination, die es insbesondere Bashar Al-Assads Regime und der Al-Baeth Partei im allgemeinen ermöglichte in jeden Bürger Syriens einen kleinen Diktator zu pflanzen. Wenn sich die Gelegenheit bietet kann dieser Diktator ausbrechen, die Herrschaft übernehmen und möglicherweise schlimmer sein als Assad selber. So kamen wir darauf eine Organisation zu gründen mit dem Auftrag die Gesellschaft als Ganzes und den Einzelnen als Individuum durch kulturelle und praktische Aufklärung und Bildung weiter zu entwickeln, aber auch die Art und Weise des Denkens zu verändern, weg von der negativen, mehr zur positiven Seite.

Das letztendliche Ziel unserer Organisation besteht darin, die Basis für eine zivile Gesellschaft zu legen, für einen Staat der Gerechtigkeit und Gleichheit vor dem Gesetz, einen Staat der die Bürgerrechte gewährt und garantiert, unabhängig von der Religion und konfessionellen Zugehörigkeit. Es bedarf vieler Schritte um die Idee eines gerechten Staates zu erfüllen, beginnend mit dem Sturz des tyrannischen Regimes und der gleichzeitigen Hebung des kulturellen Bildungsstandes aller Bewohner. Aus diesem Grunde müssen wir mit den kulturellen Projekten ebenso Entwicklungs- und Serviceprojekte anbieten, damit wir von der Bevölkerung akzeptiert werden. Das ist die Grundidee und Vorstellung unserer Arbeit auf zwei Seiten, erstens der Bildung und Kultur, und zweitens die Entwicklungshilfe, die auch der Sicherung von Beschäftigungsmöglichkeiten dienen kann um die Gesellschaft nach vorne zu bringen und die Ziele zu erreichen. Wir hatten viele Projekte zu dieser Zeit. Die amerikanische Organisation Democracy of California Council spendete uns in einem Hilfsprojekt Lebensmittel und Weiterbildungskurse im Wert von 371.000 $.

Dies ist in Kürze unsere Geschichte wie wir begonnen haben.

Wie kam es zu der Idee mit den Karikaturen die im Internet als Botschaften veröffentlicht werden?

Wie bereits angemerkt natürlich aufgrund des absoluten Mangels an offenen Informationsmedien zu dieser Zeit, um über die tatsächliche und wirkliche Lebenssituation zu berichten. Deswegen hatten wir nicht nur die Idee mit den Karikaturen sondern ebenso mit den Plakaten, um der Welt zu zeigen und zu vermitteln was in Syrien passiert und als ein Mittel um unsere Forderungen und Gedanken auszudrücken, denn keines der Massenmedien kam zu uns und fragte "warum demonstriert ihr?". Deswegen mussten wir selber handeln; wir malten auf Kartons und schrieben auf Kleidungsstücke. Das war der Beginn der Verwendung von Karikaturen und Plakaten am 15.04.2011.

Wir haben sie in Englisch, wie auch in Arabisch geschrieben. Die erste Karikatur war eine Zeichnung von Bashar Al-Assad wie er mit seinen Füßen auf dem Planeten steht und den Kopf keck in die Höhe hält; dies sollte eine Anspielung sein auf seine Arroganz und seinen Hochmut. Diese Karrikatur wurde sehr gut angenommen von den TV-Sendern und den Demonstranten selber in dem Sinne, das sie sehr erfreut waren diese zu tragen. Also haben wir beschlossen mindestens eine Karikatur auf jeder Demonstration zu zeigen um unsere aktuelle Situation auszudrücken. Außerdem müssen wir bei den Karikaturen nichts erklären angesichts ihrer Universalität, denn jeder Mensch, egal welcher Nationalität, egal ob er/sie Europäer, Chinese, Russe oder Araber ist, kann die Karikaturen sehen und richtig verstehen ohne weitere Erklärung.

Wer zeichnet diese Karikaturen?

Ahmad Jalal hat diese Aufgabe von Beginn der Revolution an übernommen, eigentlich ist er kein Künstler, er arbeitet in einem Dentallabor und hat sich in diese Kunst eingearbeitet. Er hat das künstlerische Talent seiner Familie, die Familie Jalal, die als Künstler-Familie weltweit bekannt ist. Zum Beispiel Abraham Jalal lebt in Frankreich und ist ein bekannter Künstler seit 1982. Ein anderer bekannter Karikaturist ist Khaled Jalal der in den Vereinigten Arabischen Emiraten lebt. Es ist eine von Natur aus talentierte Familie.

Wir diskutieren die Idee jeder Karikatur mit Ahmad damit die Botschaft die wir darüber vermitteln wollen klar ist. Ein Mädchen, sie heißt Iman Al-Ahmad, hat ebenfalls Anfang 2012 mit uns als Karikaturistin gearbeitet, aber sie hat damit aufgehört und ist im gleichen Jahr nach Schweden ausgewandert. Ahmad zeichnet unverändert Karikaturen und bringt sie bis heute zum Demonstrationsplatz.

Welche Projekte unterhalten Sie im Detail?

Wie bereits bemerkt haben wir zeitgleich mit dem Hilfsprojekt die Radiostation aufgebaut. Wir begannen im Juni 2013 mit einer Mannschaft aus fünf Leuten und sind jetzt 132, davon 28 Frauen. Das Radio sendet ununterbrochen täglich 24 Stunden ohne Pause. Durch das Radio können wir alle Leute erreichen.

In der letzten statistische Untersuchung im Oktober 2015 durch das amerikanische Intitut Navinty über die in Syrien anzutreffenden Massenmedien stand unser Radio auf dem ersten Platz mit 45% bezogen auf die Anzahl der Leute, die unser Radio hören und beachten. Unsere Position ist doppelt so gut wie die von Radio Orient, die auf dem zweiten Platz stehen mit 22%. Ich glaube es ist eine große Ehre die Nummer eins zu sein, noch vor einer so großen Institution wie Radio Orient, wenn man bedenkt das unsere Ausgaben für das Radio unter 10.000 $ pro Monat liegen während Radio Orient über eine Millionen pro Monat zur Verfügung hat. Zudem ist die Reichweite von Radio Orient viel größer als die Reichweite unseres Radios, das lediglich die Regierungsbezirke von Idlib und Teile von Hama erreicht, dennoch stehen wir auf dem ersten Platz.

Im Juli 2013 starteten wir das erste Frauenprojekt mit dem Namen Mazaya mit dem vorrangigen Ziel, die Fähigkeiten der Frauen zu stärken und zu entwickeln. Die Kosten werden direkt vom URB getragen. Im Februar 2013 haben wir das erste Kinderschutzzentrum eröffnet, wir nannten es Dignity Bus (Bus der Würde) und im siebten Monat des gleichen Jahres wurde daraus ein festes Zentrum.

Wie gesagt, haben wir deswegen beide Projektbereiche gleichzeitig voran getrieben, Entwicklung und Service. Diese Projekte werden ständig weiter entwickelt; im Augenblick haben wir acht Niederlassungen von beiden, Mazaya und Dignity Bus, nicht nur verteilt über die Stadt Kafranbel, sondern ebenso in den Nachbarorten wie Maert Al-Noueman , Maert Hirma , Jabalah und den Siedlungen von Mount Al-Zawiya. Wir arbeiten in einem sehr weitläufigen geografischen Gebiet mit mehr als einer Millionen Einwohnern; 405.000 davon hören Radio Fresh.

Wir habe ebenso eine Einrichtung mit dem Namen "Anwälte für Gerechtigkeit". Ihre Aufgabe besteht darin Rechtsverletzungen zu bezeugen und Ereignisse zu registrieren, sowie Weiterbildungen im Bereich des Rechtes anzubieten.

Ein anderes Projekt besteht darin unsere Stadt und zwei weitere Orte mit frischem Wasser zu versorgen. Die Ausgaben dafür liegen bei 371.000 Dollar. Ein ähnliches Projekt gab es in dem Ort Babouleen im Osten von Maert Al-Noueman, wodurch fünf nahegelegene Orte mit Frischwasser und Strom versorgt werden.

Wir haben noch jede Menge kleinere Projekte, zum Beispiel drei Zeitschriften für Kinder und Erwachsene, eine Frauenberatungsstelle und mobile Krankenstationen (zwei Fahrzeuge mit medizinischem Personal die kranke Personen behandeln, insbesondere Kinder und Frauen, in Regionen die keine Krankenhäuser oder Apotheken haben.) Sie behandelt zwischen 80 und 125 Patienten jeden Tag und geben zudem die benötigten Medikamente kostenlos ab.

Wir haben eine zentrale Blutbank eingerichtet, die die Krankenhäusen in den Provinzen Idlib und Hama versorgt. Zudem haben wir ein Entlastungssystem eingerichtet; die Einheit besteht aus sieben Krankenwagen die Verwundete und Verletzte von Idlib und Hama zur tükischen Grenze bringen.

Es gibt noch viele kleine Projekte, die wir hier nicht alle erwähnen können. Wir setzen unsere Arbeit fort um unser Ziel zu erreichen, den Wandel, denn Revolution bedeutet Änderung. Wir haben bislang einige Erfolge errungen und es hat sich eine Vertrauensbasis herausgebildet zwischen uns als Organisation und den Leuten jenseits der fehl geleiteten Vorstellungen die bei einigen verbreitet sind. Beispielsweise haben uns einige des Diebstahls bezichtigt (die Revolutionsdiebe), andere sagen wir seien Götzenanbeter des Geldes. Ich persönlich finde das normal. Bei all dem Chaos in der gegenwärtigen Lage ist es okay wenn uns beispielsweise zehn Leute kritisieren und zwei gut über uns sprechen und uns verteidigen. Aber irgendwann, ich denke in nicht all zu weiter Ferne, werden die Leute die Wahrheit wissen darüber, was wir getan haben. Ich bin sicher in naher Zukunft werden alle Leute wissen wer wir sind und was wir tun. Die Wahrheit wird sich sicher von alleine offenbaren.

Wie hoffen Sie wird die syrische Gesellschaft in Zukunft aussehen?

In der Hauptsache will das syrische Volk mit dieser Revolution zeigen, das wir als Syrer in jeder Hinsicht nicht weniger wichtig sind als andere Gesellschaften: die Kraft von Geist und Körper, wir sind Menschen wie andere Menschen die in Amerika, Europa oder an irgendeinem anderen Ort der Welt.

Wir wurden als Bürger behandelt wie Sklaven, Sklavenarbeiter auf einer großen Farm der herrschenden Familie, der ASSAD-Familie. Wir waren wie Nutzvieh, Schafe oder Kühe, deren Besitzer diese melken und die Milch zum eigenen Nutzen verkaufen kann. Wir haben jeden Tag hart gearbeitet, aber die Familie Assad und ihre Anhänger haben unsere Einkommen und Erzeugnisse gestohlen.

Unser Traum ist weiter nichts als so zu leben wie andere Gesellschaften auch. Ein befreites Land, eine freie Gesellschaft in der man über den richtigen Weg nachdenken kann und sagen darf was man will ohne all die Repressionen, eine Gesellschaft deren Bürger ihre Würde wahren können und ihre Regierung wählen dürfen, eine Gesellschaft die sich selber regiert und nicht gefesselt und gebunden ist durch all die ihr auferlegten Repressionen und Beschränkungen, eine Gesellschaft, deren Meinung gehört wird. Im Grunde besteht alles wovon wir Träumen darin, wie Menschen behandelt zu werden und nicht wie Tiere. Das ist alles und um mehr geht es nicht.

Herr Raed, warum haben Sie die unbewaffnete, friedliche revolutionäre Bewegung bis heute fortgesetzt und sind nicht zur bewaffneten Konfrontation über gegangen wie andere Personen und Kräfte?

Nun, wie ich bereits am Anfang des Interviews sagte, ist Revolution ein Wechsel. Eine Gesellschaft kann man nur mit friedlichen zivilen Mitteln verändern. Die Revolution war vollkommen gewaltfrei und friedlich in den ersten paar Monaten. Jene, die Waffen mit ins Spiel gebracht haben und jene, die sich von der syrischen Armee losgesagt haben um die Freie Syrische Armee zu bilden taten dies in der Absicht die Revolution zu beschützen; sie sind nicht die Revolution.

Unglücklicherweise hat sich eine falsche Auffassung durchgesetzt wonach jene die da kämpfen die Revolution seien, aber tatsächlich sind sie das nicht. Die echte Revolution ist das Friedliche, die unbewaffneten Proteste und Oppositionellen. Die friedlichen Leute haben sich selber in Bewegung gesetzt um ihr Bedürfnis nach Würde und Freiheit zu verwirklichen. Also sind sie es die die Revolution verkörpern und die Bewaffneten sind Freiwillige, die ihr Volk verteidigen. Bedauerlicher Weise ist die wahre Sicht der Dinge gegenwärtig nicht so klar. Die Idee ist, dass das Volk revoltiert und die Bewaffneten dienen um das Volk zu verteidigen.

Die vorherrschende, falsche Auffassung meint, die Kämpfer verkörpern die Revolution, aber diese Auffassung ist völlig falsch. Die echte Revolution ist das Volk und nur dieses ist in der Lage die Gesellschaft durch eine friedliche zivile Bewegung von innen zu verändert. Jene, die bewaffnet sind, können uns auf gleiche Weise wie das Regime beherrschen und unterdrücken, aber niemals die Gesellschaft verändern. Wir sind unverändert friedlich weil wir an die friedlichen Aktivitäten glauben.

Wir stehen wegen dieser Haltung auch in der Kritik bei Leuten die uns sagen: Warum demonstriert ihr immer noch? Andere sagen: Warum schließen sie sich nicht dem Kampf an der Front an? Unsere Arbeit ist das Fundament und jene, die an der Front kämpfen, sind da um uns zu beschützen. Wir würdigen die Bedeutung jener nicht herab die uns beschützen, im Gegenteil danken wir ihnen weil sie sich kümmern um die Revolution und das Volk, damit die Gesellschaft vorwärts schreiten kann in die richtige Richtung.

Die zivile Arbeit und die militärische Arbeit bewegen sich parallel zueinander, nicht weil wir die militärische Arbeit mögen, sondern weil sie uns auferlegt wurde durch die Gewalt des Regimes gegen uns; die unglaubliche, beispiellose Gewalt; das unglaubliche, beispiellose Morden; die unfassbare Art und Weise des Mordens, die unerhört hohe Zahl der brutal, auf Herz zerreißende Weise Ermordeten, wie es das nie zuvor gegeben hat.

All dies hat zu der Gegengewalt geführt, um uns zu verteidigen. Die Verteidiger hatten nicht die militärischen Fähigkeiten die es ihnen ermöglicht hätten der Armee entgegenzutreten und diese abzuwehren. Aber wenn jemand dich und deine Familie umbringen will und dafür zum Beispiel einen Panzer benutzt, dann wirst du dich und deine Familie verteidigen mit allem was du hast, und wenn es nur eine Türklinke ist. Kurzum, der Hauptgedanke ist, dass die friedliche zivile Bewegung die Basis der Revolution ist und das Militärische dem Schutz der Revolution dient.

Wie gehen Sie mit der Armee der Eroberung (Jaysh al-Fatah) oder der Unterstützungsfront für das syrische Volk (al-Nusra Front/Jabhet al-Nusra) um?

Jabhet al-Nusra und Jaysh al-Fatah sind wie die zwei Seiten einer Medaille. Wenn wir Jabhet al-Nusra definieren wollen, müssen wir ISIS definieren (Islamischer Staat des Iraks und Syriens) einige Politiker verwenden "Levante" statt "Syrien", oder Ahrar ash-Sham. Jeder militärische Hervorkömmling versucht das Volk mit seinen Waffen zu beherrschen und denkt auf die gleiche Weise wie das Regime. Das Regime selber regiert mit Waffengewalt. Also denkt jede andere Gruppe sie müsste es genau so machen, ist genau wie das Regime und möglicherweise schlimmer.

Auf der anderen Seite belästigt uns die Existenz der Jabhet al-Nusra nicht; sie sind eine Kraft der Verteidigung in unserer Region und das können wir nicht missachten. Wir berücksichtigen das bei unserer Arbeit für die Gesellschaft, nicht weil wir Angst hätten vor Jabhet al-Nusra, sondern weil wir sie respektieren.

Unsere Gesellschaft ist strickt geschlossen und konventionell. Bereits vor der Revolution waren viele Faktoren und Aspekte der Trennung zwischen Mann und Frau gegeben. Also müssen wir einlenken in die Trennung um die Struktur unserer Gesellschaft zu bewahren. Wenn du eine Gesellschaft entwickeln willst, musst du die Bänder und den Kit des Vertrauens der Menschen in dieser Gesellschaft beschützen indem du ihre Gefühle berücksichtigst und die Strukturen ihrer Gemeinschaften unversehrt belässt. Folglich berücksichtigen wir in unserer Arbeit die Gesellschaft stärker als die bewaffneten Gruppen; die Gesellschaft steht an erster Stelle und was dann noch bleibt ist alles Weitere.

Wir wurden mehrfach angegriffen. Auf mich als Person wurde ein Attentat verübt. Zwei maskierte Personen schossen an der Türe meines Hauses auf mich und ich wurde schwer verwundet. Es dauerte einige Monate um zu genesen. Dann legten Unbekannte eine Mine neben meinen Wagen. Das gleiche ereignete sich kurze Zeit später erneut. Danach wurde ich festgenommen von Jabhet al-Nusra und entführt von Jund al-Aqsa. Solche Dinge können schnell passieren weil jene, die Waffen tragen, denken, dass sie alle Leute beherrschen können. Aber sie beendeten ihre Einschüchterungsversuche nachdem sie mit der Reaktion der Bevölkerung und der Medien konfrontiert wurden. In sofern erhalten wir unsere Macht durch die gesellschaftlichen Umstände in denen wir leben. Worte sind immer stärker als Gewehre.

Wie ich bemerkte, zu Verhaftungen und Besetzungen kann es immer wieder kommen und manchmal nimmt das zu und dann wieder ab, je nach dem. Aber egal, wir gehen unseren Weg weiter, nicht nur weil es uns gibt so wie es sie gibt, sondern weil wir einen Vorteil haben der in unseren Bindungen besteht, zu unserem Land, zu unseren Familien, Verwandten und Nachbarn. Kurz gefasst sind wir die Gesellschaft vom Anfang bis zum Ende während sie keine Vorteile haben außer ihren Gewehren.

Welche Botschaft haben Sie für die westlichen Länder (den Westen)?

Nun, die Wichtigste ist das Bashar al-Assad sein Spiel in zwei Richtungen spielt. Die eine ist, dass er den Terrorismus bekämpft; er bekämpft Extremisten und Terroristen. Die andere ist, dass es ein Bürgerkrieg sei der in Syrien statt findet.

Meine Botschaft an den Westen lautet: dies ist eine Revolution im ganzen Sinne des Wortes. Es ist die Revolution einer Gesellschaft, die gegen ein tyrannisches Regime rebelliert zur Erlangung ihrer Freiheit und Würde, doch diese Gesellschaft wird mit großer Gewalt konfrontiert, und noch mehr Gewalt kam hinzu als das Regime die Idee verbreitete, der ISIS sei ein Verbündeter der Revolution.

Diese Idee eines Bündnisses ist vollkommen falsch, sie ist nicht wahr und vielmehr eine große Lüge, weil wir unter dem ISIS genau so leiden wie unter dem Terrorismus des Regimes. Beide bringen uns um und wir sind die Opfer dieser kämpfenden Mächte.

Heute richtet die Welt ihre Aufmerksamkeit auf Assad und ISIS, und vergisst dabei das syrische Volk, das unter den Grausamkeiten dieser beiden Kriminellen leidet. Sagen wir Assads Regime und dessen Verbündete sind 200.000 bis 300.000 Leute und ISIS mit seinen Verbündeten sind zwischen 100.000 und 200.000 Leuten, was ist mit den anderen 20 Millionen Menschen die unter dem Terrorismus dieser beiden kämpfenden Mächte leiden? Niemand denkt an sie, sie werden vollkommen vergessen; da gibt es eine friedliche Revolution aber niemanden interessiert das.

Es ist wahr, es gab viel Morden und Blutvergießen, aber nehmen wir die Französische Revolution als Beispiel, auch da gab es Gewalt und Gegengewalt. Viele Menschen starben; dennoch nennen es die Franzosen immer noch eine Revolution.

Sie veränderte das Gesicht Europas. Wir haben denselben Traum, das Gesicht des Mittleren Ostens zu verändern. Ich wiederhole, alles was ich von westlichen Ländern erwarte ist ein wenig Aufmerksamkeit für das ausgeblendete Volk unter der Tyrannei und dem Terrorismus der kämpfenden Mächte.

Der Westen hält die Revolution für einen Bürgerkrieg, aber das ist es ganz und gar nicht. Bürgerkriege gibt es zwischen zwei Sekten oder Religionen oder zwischen zwei Rassen, beispielsweise Kurden gegen Araber oder Sunniten gegen Schiiten. Was passiert ist das glatte Gegenteil dessen, was wir unter einem Bürgerkrieg verstehen. Was passiert ist, dass das Regime über Streitkräfte verfügt die sich aus allen Rassen und Religionen Syriens zusammen setzt: Sunniten, Alawiten, Drusen, Schiiten, Ismailiten und Kurden etc., lassen wir mal die Verbündeten beiseite.

Diese Streitkräfte unterdrücken die revolutionäre Gesellschaft, die aus genau den gleichen strukturellen Komponenten besteht. Die Konfrontation verläuft also zwischen dem Regime und seinen Verbündeten und allen Komponenten des syrischen Volkes.

Um es abzuschließen: Was ich mir vom Westen wünsche ist, dass dieser seine Vorstellungen korrigiert. Es ist weder ein Bürgerkrieg, noch ein Regime das den Terrorismus bekämpft; es ist fraglos eine Revolution die den Sieg erringen wird. Es war vom ersten Tag an eine Revolution gegen das tyrannische Regime und was jetzt gerade passiert ist der Teil des Zusammenbruchs.

Welche Meinung haben Sie über die Gespräche von Genf?

Es waren keine Syrer in der ersten und zweiten Gesprächsrunde in Genf dabei. Es war ein Treffen zwischen Ländern auf der Suche nach einer Lösung der Krise in Syrien. Dann gab es die Konferenz in Riad. Aber egal, jede dieser Konferenzen mag uns ein Schritt nach vorne bringen ob dies nun eine Übergangsregierung ist mit Bashar al-Assads nicht autorisierter Regierungsmacht oder eine Übergangsregierung ohne Bashar al-Assad. Es wäre sicher ein guter Schritt, und sei es nur um die Menschen vor den Bombardierungen zu bewahren. Wir haben nichts gegen solche Konferenzen. Es wäre ein gutes Ergebnis wenn die Bombardierungen aufhören. Auf jeden Fall werden wir unsere Arbeit fortsetzen, mit oder ohne Ergebnis.

Allerdings müssen die Gespräche unter der Bedingung starten, dass Assad die Macht abgibt, denn niemand in Syrien akzeptiert ihn als Präsident nach all den Fällen von Vertreibung, Folter und Mord (viele Menschen haben Angehörige verloren, ihre Familien, Verwandten und Nachbarn ... etc). Es gibt keine Syrer mehr die diesen Tyrannen an als Regenten akzeptieren könnten weil er mehr als eine Millionen Häuser zerstört hat, über 12 Millionen Menschen heimatlos gemacht hat und über 3 Millionen verhaften lies, 500.000 davon sind noch immer im Gefängnis.

Ich komme aus der Verwunderung gar nicht mehr raus wenn einige Politiker über die Möglichkeit sprechen, das Assad weiter Präsident bleiben könnte. Nehmen wir irgendein freies Land als Beispiel. Der Minister oder eine andere Person mit Verantwortung würde zurück treten wenn jemand getötet würde und sie ließen die Verbrecher laufen.

Wir können die unentschlossene Haltung der Führer dieser Welt nicht verstehen oder begreifen die wir erleben. Obwohl das gesamte Land zerstört ist, die Hälfte der Bewohner heimatlos, 500.000 Menschen getötet und weitere 500.000 im Gefängnis, ist Assad immer noch an der Macht. Wir sind nicht in der Lage diese Sache zu verstehen oder zu begreifen.

Die Frage ist doch, "warum wurden in den Genfer Gesprächen nicht die Bedingungen für Assads Rücktritt festgelegt, egal welche Leute oder Länder ihn unterstützen". Seine Verbündeten sind Russland, Iran, Hisbollah, das Irakische Militär und andere. Alle Länder, Führer und Menschen dieser Welt wissen das jene, die Assad unterstützten, Mörder sind. Dennoch beansprucht die entwickelte Welt für sich den Begriff Demokratie.

Wir können nicht verstehen, dass ein Sicherheitsrat, der nach demokratischen Regeln eingerichtet wurde und aus Ländern besteht die Demokratien fördern und respektieren, nutzlos ist. Wenn die Delegation eines Landes Einspruch erhebt (durch ein Veto), annulliert er die Anträge der anderen Länder. Ich wüsste nicht wie wir Assad als Präsidenten akzeptieren könnten.

Auf alle Fälle gehen wir weiter voran und sie machen das gleiche; es wäre prima, wenn sie einen Schritt nach vorne gelangten.

Was haben Sie für Pläne für die Zeit nach dem Krieg?

Wir nennen es nicht Krieg; ich widerspreche entschieden dem Begriff "Krieg". Es ist eine Revolution und was wir sehen sind Kämpfe und Tote, aber wir werden mit dem fort fahren womit wir begonnen haben. Wie ich schon sagte, hat die Revolution vom ersten Tag an gesiegt, von dem Moment der ersten Rufe in das Gesicht der Despotie, in das Gesicht des Tyrannen und Herrschers, der sein Volk über eine Periode von 50 Jahren geknechtet hat. Der Sieg kam mit dem ersten Ruf und danach folgte der Prozess der Zerstörung von Assads Farm.

Wir sind gerade dabei eine neue Nation zu formen. Die Idee der Sklaverei ist nicht länger akzeptabel. Wir sind nicht länger Sklaven, wir sind Menschen die sich ihren Traum nach einer Heimat erfüllen. Einer Heimat der Gerechtigkeit und Gleichheit, von der wir geträumt und gesprochen haben, einer Heimat die meine Rechte als Individuum garantiert, egal welcher Religion oder Sekte ich angehöre, ob Muslim, Christ, Kurde, Sunnit, Alawit oder Druse. Eine Heimat die nicht nach Konfessionen unterscheidet sondern uns alle als Staatsbürger sieht. Zu dieser Konzeption wollen wir gelangen.

Unsere Projekte werden ausgebaut und wir verfolgen dies in der Horizontalen und Vertikalen. Horizontal meint in weitere Regionen vorzustoßen, zusätzlich zu unserer Arbeit hier. Vertikal meint, unsere Arbeit weiter auf ein höheres Niveau zu bringen, beispielsweise durch mehr Professionalität.

Die Dinge entwickeln sich in diese Richtung Schritt für Schritt wegen der zunehmenden Anzahl der NGOs (Nicht-Regierungs-Organisationen) die mit uns zusammen arbeiten und uns helfen uns zu verbessern, Ausbildungen und Trainings bereit stellen, damit wir die erforderlichen Fähigkeiten erlangen, denn sie haben bemerkt das wir den Wunsch haben zu expandieren, horizontal und vertikal.

Aus welchen Quellen kommen die Zuschüsse für den URB?

Ich erwähnte die Gruppe syrischer Auswanderer unserer Stadt in die Golf-Staaten und Saudi Arabien, die uns zu Beginn der Revolution unterstützt haben. Dann, gegen Ende 2012, Anfang 2013, haben wir begonnen mit Nicht-Regierungs-Organisationen zu verhandelt, beispielsweise Democracy Council of California, Creative Organization, In Green, N E A, M P K I und K M N X. Das sind alles amerikanische Organisationen. Wir haben auch mit europäischen Organisationen verhandelt wie etwa European Council for Democracy, Save the Children und War Children. Es waren viele Organisationen und wir können hier nicht alle erwähnen, aber alle waren non-governmental (private Stiftungen). Wir haben mit ihnen gesprochen und ihnen Vorschläge unterbreitet; wir haben unsere Zeit eingesetzt um mit ihnen zu diskutieren. Am Ende haben wir die angeforderten Gelder erhalten, oder auch nicht.

Mit anderen Worten, haben wir unsere Projekte sehr vielen Organisationen vorgestellt. Wir haben die Projekte mit ihnen diskutiert und nach eingehender Untersuchung haben sie uns mit Geld unterstützt oder auch nicht. Sie sind unsere Partner. Du wirst nur schwer eine Organisation finden, mit der wir nicht verhandelt haben. Ich habe sicher einige vergessen zu erwähnen, aber wir haben mit so ziemlich jeder Organisation in Europa und Amerika verhandelt.

Haben Sie die Absicht produktive Projekte aufzubauen?

Nein, haben wir nicht, absolut nicht. Es gibt gegenwärtig keine produzierenden Projekte.

Warum gibt es keine produktiven Projekte?

Weil wir das Scheitern solcher Projekte bei anderen beobachtet haben. Es würde vieler Vorbereitungen bedürfen um produktiv zu werden und auf eigenen Beinen zu stehen.

Ein wichtiger Punkt diesbezüglich ist das die meisten unserer Mitarbeiter zu Beginn der Gründung des URB Revolutionäre waren; das heißt die Freiwilligenarbeit ist wesentlich für uns. Aspekte des Geldes und der Bezahlung sind nicht von besonderer Bedeutung für uns. Beispielsweise haben wir im November 2015 die offenen Gehälter nicht ausbezahlt weil wir nicht genug Geld hatten. In den ersten Tagen des aktuellen Monat Januar 2016 haben wir dann beide ausbezahlt, für November und Dezember. Damit haben die Mitarbeiter kein Problem.

Wir sind 470 Beschäftigte im URB und keiner fragt oder erforscht ob es ein Gehalt gibt oder nicht. Die Hauptidee ist die Freiwilligenarbeit. Unsere Bedürfnisse sind einfach, stell dir einfach 470 Beschäftigte vor, davon 270 Frauen, unsere Gesamtkosten belaufen sich auf 60.000 bis 70.000 Dollar. Das ist nicht viel bezogen auf die Anzahl der Mitarbeiter. Nochmals, niemand wird die Arbeit verlassen weil es kein Geld gibt, weil die freiwillige Mitarbeit im URB wesentlich ist. Produktive Projekte hängen vom Geld ab. Lass es mich offen und klar sagen, die syrische Gesellschaft bedarf der Veränderung und wir haben den Wandel noch nicht geschafft, deswegen habe ich vor einer Entwicklung, die darauf abzielt durch produktive Projekte Geld zu verdienen, Angst. Wir dienen einem bestimmten Zweck. Wir wollen von dem richtigen Weg zum Ziel nicht abweichen aus Gründen, die mit Geld zu tun haben. So etwas könnte schnell passieren.

Ich sage nicht dass alle den Weg verlassen würden, aber es wäre ein großer Verlust wenn einige darauf abzielen würden Geld zu verdienen statt der Gesellschaft zu dienen. Wir bräuchten viel Vorbereitung und sind dazu bislang nicht gerüstet. Irgendwann in naher Zukunft wenn die Umstände günstiger sind, werden wir vielleicht mit produktiven Projekten starten und dadurch auf eigenen Beinen stehen. Es gibt ein paar kleinere Schritte vor denen wir stehen um das Radio zu finanzieren, aber wir haben sie noch nicht vollzogen, wie etwa Werbung im Radio.

Führt ein Überschwemmen der Revolution mit Geld zu deren Scheitern?

Absolut, ja. Das ist genau was in Syrien passiert. Sie überschwemmen uns mit Geld und das Ergebnis ist unsere Zerstörung.

Beispielsweise kamen viele ausländische Journalisten in mein Büro um mich zu treffen, so um die 600 Männer und Frauen. Einige übernachteten in meinem Haus. Jeder von ihnen bot mir Geld an. Sie mögen vom Prinzip her alle einer Norm folgen nach der sie Geld anbieten um die Kosten für das Essen, Internet und die Übernachtung zu begleichen. Ich habe es abgelehnt auch nur einen Penny von ihnen zu nehmen aus einem einfachen Grund. Beispielsweise wenn ich 300 Dollar von Dir nehme und von einem anderen Reporter dieselbe Geldsumme, werde ich nach einer kurzen Zeit jeden Journalisten nur noch in der Gestalt eines Dollars sehen. Das kann ganz schnell passieren und deswegen nehme ich persönlich kein Geld entgegen. Einige der Journalisten meinten dann sie wollten etwas spenden, sie verwendeten dies als Vorwand um Geld zu geben. Ich habe sie dann in unser Finanzbüro begleitet um zu spenden. Ich persönlich akzeptiere kein Geld für meinen eigenen Nutzen weil mich das auf den falschen Weg führen könnte.

Ich habe den Gedanken Geld anzuhäufen stets abgelehnt und lehne ihn weiterhin ab, weil es mich oder andere Beschäftigte die hier mit mir arbeiten vom Weg abbringen könnte. Wenn das passieren würde, wäre dies eine große Katastrophe.

Ich kenne viele Leute die als aktive Reporter und Revolutionäre in jeder Hinsicht auf einem sehr hohen Niveau gearbeitet haben, aber durch Geld in eine andere Richtung gelenkt wurden. Einige von ihnen wurden beispielsweise Journalisten und Reporter von TV-Nachrichten-Sendern. Sie dienen jetzt der Propaganda und Ideologie dieser Sender wegen des Geldes und haben alles über die Revolution vergessen.

Ein anderes Beispiel sind jene, die militärische Unterstützung erhalten um damit bewaffnete Truppen aufzustellen. Sie nehmen das meiste Geld für ihre eigenen Bedürfnisse zu Lasten der Revolution. Der Lebensstandard der meisten dieser Führer bewaffneter Gruppen hat sich verbessert. Mehr noch, manchen hat dieser Lebensstandard nicht genügt und sie zogen ins Ausland. Geld lässt sie stärker am Leben kleben und den Tod hassen. Sie vergessen alles über ihr Land und sie kümmern sich nicht weiter darum was in ihm geschieht.

Wir, die wir das Land nicht verlassen haben, haben keine großen Ansprüche an unser Leben. Beispielsweise liegt mein eigener Lohn bei 100 Dollar wie bei jedem anderen in unserer Organisation. Also hänge ich nicht besonders am Leben; gerade eben hat mir meine Frau geschrieben, dass unser Haus in Unordnung ist weil es unter Wasser steht, wegen des schweren Regens sind die Kanalisation und der Abflüsse verstopft. Dennoch ziehe ich es vor hier zu leben als bequemer und mit höherem Komfort woanders. Denn wenn ich in die Türkei gehe, in einem luxuriösen Haus lebe, ein prächtiges Auto fahre, würde ich mich in das angenehme Leben verlieben und dann wäre ich nicht mehr in der Lage oder hätte die Motivation, dieses schöne Leben zu verlassen um meine Aufgabe fortzusetzen, mit der ich begonnen habe um den Menschen zu dienen, um der Revolution zu dienen.

Einige von denen, die uns verlassen haben um im Ausland zu leben, sagen als Vorwand "wir sind wichtig für die Revolution, wir können Euch mit zivilen und militärischen Gütern versorgen. Also sind wir sehr wichtig und wenn wir getötet werden, werden viele Familien verhungern und Leiden. Deswegen sollten wir in der Türkei leben, damit wir am Leben bleiben. Wir könnten von Anschlägen von Unbekannten zum Opfer fallen oder vom Regime bombardiert werden."

Kurzum, der Grundgedanke ist, dass die Revolution dich verliert und die Gesellschaft dich verliert wenn du das Land verlässt; lebe in der Türkei und alles was du bislang getan hast ist vorbei. Aus diesem wichtigen Grund (die Revolution verliert dich) wollen wir unsere Arbeit im Land fortsetzen.

Durch den URB erhalten wir was notwendig ist und verteilen es unter uns. Wenn es nichts mehr zu essen gibt ist das auch kein Problem.


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